Glaube und Kirche

                                                                                                                    Bildbetrachtung zur Jahreslosung 2025

„Prüft alles und behaltet das Gute.“ (1. Thessalonicher 5,21)

 

Stellt euch vor euer Leben, alles was euch begegnet, besteht aus lauter kleinen Steinchen. Die positiven Erlebnisse und Gedanken, die sind bunt und rund und voller Lebensfreude, die unschönen grau und eckig und hässlich. Und dein Bewusstsein, das ist wie ein Sieb, das all das filtert. Manche Steinchen fallen einfach hindurch und hinterlassen keinen bleibenden Eindruck. Manche werden sorgfältig eingesammelt und aufbewahrt.

Nun kenne ich Menschen, die scheinen mit ihrem Lebenssieb nur die hässlichsten und farblosesten Steinchen zu sammeln. Es ist als würden die anderen gar nicht existieren. Und im Ergebnis stehen vor mir bittere und unglückliche Menschen, die von der Welt verletzt und enttäuscht sind. Dann kenne ich Menschen, die in der Lage sind, die hässlichen Steine einfach durch ihr Sieb fallen zu lassen und vor allem die aufzufangen, die ihr Leben bunt und rund machen. Das sind oft Menschen, die ich für ihre innere Leichtigkeit und Dankbarkeit bewundere. Aber die meisten Menschen, die ich kenne, die sind irgendwo dazwischen mit ihrem Lebenssieb.

Die Künstlerin Stefanie Bahlinger setzt so die Jahreslosung ins Bild: „Prüft alles und behaltet das Gute!“ Aber so leicht, wie es in ihrem Bild scheint, ist es ja nicht. Manche Steine kommen hässlich daher und stellen sich nachher als unheimlich wertvoll heraus und manche kommen im schönen Gewand, sind aber im Kern nutzlos oder gar schädlich.

Unsere neue Jahreslosung stammt aus dem ältesten Text des Neuen Testaments. Noch war kein Evangelium geschrieben. Alles über Jesus wurde mündlich weitergegeben. Seine Nachfolger waren eine ganz junge Bewegung. Die Christen hatten noch nicht einmal ihren Namen. Es war also eine Zeit, in der vieles im Fluss war. Einerseits gab es Aufbruchsstimmung. So viel war plötzlich möglich. Altes und Unverrückbares wurde umgeworfen. Aber Unzähliges war jetzt auch unklar. Was bedeutet es überhaupt, diesem Jesus zu folgen? Wie sollen wir leben? Was genau glauben? Paulus und die anderen Führungspersonen der ersten Zeit kamen kaum hinterher, alle diese Fragen zu beantworten und sie waren sich keineswegs immer einig. Also schreibt Paulus der jungen Gemeinde in Thessaloniki zum Abschluss diesen allgemeinen Rat: Prüft selbst. Es geht nicht darum, was andere euch sagen, was richtig ist oder was „schon immer so war“. Es geht darum, was Gutes bewirkt. Das ist das entscheidende Kriterium. Und um das zu erkennen, braucht ihr euren eigenen Verstand, eure eigene Lebenserfahrung. Eine wirklich moderne und aufgeklärte Idee. Und eine Aufforderung, auch das scheinbar Gesetzte in Frage zu stellen und wenn nötig fallen zu lassen.

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Von Pfarrerin Ramona Rohnstock

Von Pfarrerin Ramona Rohnstock

   Gottesdienste in Epiphanien